Montag, 26. November 2007

dreipunktnull

Man gibt Kindern keine scharfen Messer in die Hand, oder Waffen, oder Wasserstoffbomben. Alkoholikern schenkt man keinen Kasten Bier, man lädt sie nicht zur Sauftour ein oder bringt ein Fläschchen Wein mit zum Abendessen, auch keinen besonders guten. Die wenigsten Hundebesitzer werfen ihrem Hund den Schlüssel zu, wenn sie selbst keine Lust haben das Auto zu steuern und sagen was wie: "Heute fährst mal du!" oder "Du musst fahren ich bin zu besoffen.".

(Vielleicht sollte man aber einfach mal damit anfangen: den Hund nach Hause fahren zu lassen. Oder wenigstens damit ihm den Schlüssel zuzuwerfen, oder auch nur mit dem saufen. Man müsste nicht mal gut zielen, man könnte den Schlüssel irgendwohin wegschleudern. Anstatt "Fass" könnte man auch gut "Fahr" hinterher schreien, für den Hund dürfte es keinen Unterschied machen. Zumindest bis er den Schlüssel zurückbringt. Dann klopfen wir einfach auf den Fahrersitz und sagen "Platz!". Der Hund blickt uns an, nickt und dann fährt er los. Ansonsten müsste man weitertrinken. In Schweden oder Russland hätte diese Geschichte Potential zum Saufspiel-Renner zu werden, vielleicht auch in Deutschland.)

Wieso erzähl ich das (<- meint alles außerhalb der Klammer)? Naja, es geht um drei unterschiedliche Arten Dinge falsch zu verwenden. Kinder sind unfähig aufgrund einem Mangel an, sagen wir Skills im Umgang mit Messern. Alkoholiker treffen das richtige Mass im Umgang mit Alkohol nicht, außerdem gebrauchen sie Alkohol anders als sie sollten (wir gehen kurz davon aus, dass Alkohol als Genussmittel und nicht Betäubungsmittel gedacht war/ist/sein soll): um sich die Lichter auszublasen anstatt um Essen, Momente oder Abende zu "verfeinern". Hunde sind schlicht (nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand!!) nicht in der Lage ein Auto zu fahren. In den ersten beiden Fällen kann Zufall unterstützend eingreifen, Kinder können sich in Einzelfällen zufällig nicht mit Messern verletzen (bei Wasserstoffbomben ist das so ne Sache...). Einem Alkoholiker kann zufällig nicht nach Alkohol sein (eventuell nach dem bestimmten, vielleicht trinkt er bestimmte Sorten nicht: zum Beispiel unterprozentige), oder er lässt die Flasche zufällig fallen oder er schläft zufällig ein bevor er sie trinkt oder er beschließt zufällig nicht mehr Alkoholiker zu sein. Ein Hund kann eher auch nicht zufällig ein Auto starten, noch am ehesten Kurzschließen, aber lassen wir das. Wissenschaftliche Leser aufgepasst, uns bleiben also drei Arten der Fehlverwendung: den Mangel an Skills, den notorischen Zwang Dinge zu tun die einem und anderen zum Nachteil werden und die einfache Unfähigkeit.

Worauf ich aber eigentlich hinauswill: vielleicht konnte irgendjemand bemerken, dass eine bestimmte Kombination von Zahlen und Schriftzeichen in letzter Zeit mit ausufernder Penetranz durch übertriebenste Dauerbenutzung fehlverwendet wurde: 2.0.

Was wurde nicht alles als 2.0 verkauft: Fernseher, Firmen, Sportmannschaften, Bands, Autos, sogar Schäuble, sogar Tiere, sogar internationale Verträge, sogar Staaten (blablabla...). Kurz bevor mich die Sache anfing zu nerven, stellte ich mir die Frage wie lange dieses 2.0 wohl noch durch die Medien geistern würde. Dann begann mich das Ganze zu nerven und ich musste immer daraufzeigen und laut loslachen. Irgendwann gewohnte ich mir an, den Autor des Textes herauszufinden, seinen Namen in "Google Bilder" einzugeben, und das erscheindende Gesicht auszulachen. Dann ignorierte ich 2.0, in diesem Stadium habe ich bis vor wenigen Stunden ausgeharrt (Aber jetzt bin ich drüber hinweg).

Wieso aber die Geschichte mit der Fehlverwendung? Naja, welcher Typ von Fehlverwendung liegt bei der Vereinigung der Eloquentionisten für futuristischen Spezialgebrauch von technisch angehauchten Neologismen wohl vor? Weniger als drei? NIEMALS!

Nieder mit den eloquentionösen Futuristen! Nieder mit den fundamentalistischen Vokabulören! Wirds nich irgendwann Zeit für Abwechslung, wenigsten Variation des Themas: 2.1 oder zumindest 3.0? Oder erwartet uns erst das 2.0 des 2.0 und dann natürlich das 2.0 davon, undsoweiterundsofort. Oder ist 2.0 etwa längst ein Teil von uns, übergetreten in den normalen Sprachgebrauch (wär ja OK, aber wieso dann diese permanente Überpräsenz), oder ist die Mode längst vorbei und es wird nur noch satirisch verwendet, oder von den letzten Fanatikern oder ist die Retrophase bereits eingeläutet, wegen der verdammten Schnelllebigkeit unserer Zeit (drei L hintereinander!!)? Nein? Dann wirds langsam Zeit für folgendes: Ist 2.0 nicht langsam doch wieder 1.0?

Nein? Dann Finger weg von dem Messer und hör auf zu sabbern wenn ich Dosen aufschneide, da is kein Kirschwasser drin.



*gewidmet Jasper J. Jones

Donnerstag, 15. November 2007

Mcracy!

Schon mal den Radio angemacht und nach fünf Minuten die Wände hochgegangen? Schon mal drüber nachgedacht weshalb? Schon mal die Frage gestellt ob allen Quatschgurken auf Kurz-, Mittel- und Langwellen der Kopf geräumt werden musste, als Vorraussetzung für ihre zweifelshafte Tätigkeit: Menschen mit der eigenen Unfähigkeit zu unterhalten (Es gibt Ausnahmen! Aber wenige!)?

Schon mal in einer Stunde zweimal den gleichen Song gehört, ohne es zu wollen? Schon mal fünf Songs hintereinander für absolut deplatziert gehalten und deshalb für die nächsten fünf gar keine Worte mehr gefunden? Schon mal die Frage gestellt: spielen die eigentlich seit Jahren die selben Musik (Ja! Sie tun es!). Schon mal geschworen nie wieder Radio zu hören? Schon mal den Radio angezündet, zerhackt und an die Wand geworfen? Schon mal einen Bekannten ausgelacht, weil er beiläufig erwähnt hatte, er höre ganz gern Radio? Schon mal überlegt die Runfunk-Gebäude in die Luft zu jagen, oder andere dazu aufzufordern?

Wie dem auch sei (auch wenn nicht alles zutrifft, bist du gefährdet, noch mehr übrigens wenn du bei jedem Satz den Kopf schütteln musstest und dir die Frage gestellt hast was die populistische Scheiße soll...), eines ist mit Sicherheit die (Er)Lösung:

www.mcracy.com

Gott würde nicht Mcracy hören,
er hört Mcracy!

Donnerstag, 1. November 2007

Schönes Kleid für eine Müllhalde mit Stil

Ein Tag in Berlin ist ein Ausflug in einen Gemischtwarenladen mit verschimmelten Ecken und Produkten die sprechen und laufen können. Die Berliner Luft im Vergleich zu andern Städten liefert einen Duft den wir anderswo nicht hätten, auch wenn Städteplaner ganz fest wollten (und endlich lieber Betriebsanleitungen schrieben). Die Einzigartigkeit liegt wohl in der Vielfalt begraben, aber erst erkennt man nichts und durchwühlt einen Tümpel aus Gerümpel. Irgendwann tritt man genervt zwei Schritte zurück und akzeptiert den Tümpel als Ganzes und die Unsystematik als Marke. Das unbestimmte Alles ist Berlin.

Wenn du zwei Stunden durch Straßen läufst und rätselst was sich wohl zum roten Faden entpuppt, bist du in Berlin. Wenn du in Berlin bist, bist du auch in Berlin.

Vollgetaggte Hauswände und überwucherten Grünstreifen, brüchiger Teer, Besoffene die in Hauseingänge pissen, Menschen Menschen Menschen und viele alte demolierte Autos. Mode von in zwei Wochen, die nie ihren Weg in Kleinstädte finden wird, deren Designer dafür voller Zufriedenheit ins Grab spazieren, denn sie waren down mit der Genialität. Döner kaufen macht leider keinen Spaß weil man hinter den inflationären Preisen immer Gammelfleisch vermutet.

In Berlin stirbt man nicht, man wird Teil der Stadt.

Über Vergangenheiten legt sich ein trotziger Mantel mit Blinklichtern in den neusten Farben. Berlin bleibt immer Berlin, scheiß auf Mauern. Die konnten froh sein, dass sie eine Zeit in Berlin haben durfte.