Dienstag, 9. Dezember 2008

Wir und unser Leben

Du kannst dein Leben an einem Tag verändern. Du kannst dein Leben an einem Vormittag verändern, oder an einem Nachmittag. Du kannst dein Leben auch in einer Stunde verändern. Du kannst dein Leben auch in einer Minute verändern. In einer Minute! Dein Leben kann sich in einer Sekunde verändern.

Was ist eine scheiß Sekunde für ein Ding? Wenn man sie nicht aufmerksam verfolgt. Wenn man sich von anderen Sachen hinreißen lässt. Wenn man nicht auf jede einzelne kleine Sekunde genau aufpasst, ist man womöglich weg für immer. Was ist eine scheiß Sekunde für ein Ding?

Aber Veränderung ist eine tolle Sache. Aber anders ist auch gut. Aber die Zeit ist auch nur ein Mensch. Nein. Ist sie nicht. Die Zeit ist nicht nur ein Mensch. Die Zeit ist die dümmste Maschine der Welt. Die furchtbarste und bescheuerteste Erfindung des Universums. So scheiße kann ein Mensch gar nicht sein. Quantitativ.

Mit unseren Engelsgesichtern sehen wir ja ganz hübsch aus. Frauen vor allem. Ganz hübsch. Aber unter den Gesichtern liegt schon eine Menge Unfug parat. Vom Hals angefangen. Was kann man mit so einem Hals für einen Mist machen. Oder mit Schultern. Und was stinkt so ein Brustkorb wenn der mal für ein paar Tage alleine rumliegt und schimmelt. Und so Beine sind zum weglaufen und zutreten. Hässliche Dinge. Scheußliche Sachen. Aber ein Engelsgesicht!

Das Hirn ist natürlich der Gipfel. Das Hirn toppt alles darunter. Das Hirn sticht. Wenn die Beine rumstehen, oder der Hals sich dreht. Wenn sich irgendwas bewegt – das Hirn hält die Fäden in der Hand. Im übertragenen Sinn. Darauf könnte man weit eingehen. Ja! Bücher könnte man darüber schreiben, ganze Bibliotheken. Aber das Hirn ist Nebensache, wenn es um das Prinzip geht. Das unendliche Prinzip.

Wenn der Mensch also eine lebendige Analogie zu allem ist, oder so, möchte man meinen irgendwer sitzt irgendwo mit den scheiß Fäden an seinen Fingern. Und irgendwo da in dem Gewirr von Fäden und Fingern spukt die Zeit herum in ihrer unbeschreiblichen Hässlichkeit. Als Krankheit aller Existenz. Als rasender Abgrund des Seins. Und das Ende! Das scheiß Ende! Die kleine krüpplige Abklatschung der Zeit, der dämliche Vollstrecker, immer mit der einen Hand am Abzug. Oder umgekehrt? Die Zeit als kleiner Helfer des Endes. Auch vorstellbar. Also eins von beiden stimmt jedenfalls und beide zusammen sind eine ernsthafte Katastrophe.

Das Ende und die Zeit als Duo des sich vollziehenden Nichts. Die Todesengel des Alles. Die fertigen Vernichter. Oder Konflikt. Gegeneinander! Als Kontrahenten, im ewigen Duell. Das eine ist, das andre läuft. Die Zeit könnte ja laufen, das Ende bringt die scheiß Stimmung dazu. Das Ende mit seinem Schlussstrich. Die Zeit ist eigentlich ja nur die Veränderung. Die Zeit ist gemessene Veränderung. Das Ende macht alles kaputt. Das Ende ist reine Verschwendung! Die Zeit tickt so vor sich hin. Das Ende lässt die Zeit ticken und macht dann irgendwann das Licht aus. Ganz unabhängig von der Zeit. Das Ende kommt ganz gut allein zurecht. Das Ende kommt einfach und stört das Gleichgewicht.

Aber umsonst ist dieses Ende auch nicht. Und so schlimm kann das Ende auch nicht sein. Das Ende hat schon andere Sachen ausgehalten. Und andere Sachen haben das Ende auch schon ausgehalten. Und alles was ist hat sowieso seinen Platz im Hier verdient. Meistens hat es sogar einen Grund. Das Ende ist nicht das schlechteste. Das Ende ist einfach. Man versteht es wenigsten. Und es kann ja auch sein meinetwegen. Aber irgendwo unsichtbar und unmessbar weit weg.

Die Unendlichkeit ist eine ganz andere Sache. Die versteht kein Mensch. Und die Zeit spielt keine Rolle für sie. Die kann ruhig laufen! Das Ende kann ruhig sein. Aber irgendwo im Nichts da vorne. Das Nichts da vorne. Das ist die Lösung. Wenn keine Zeit mehr ist, ist Ende. Und wenn danach kein Ende mehr kommt, ist Unendlichkeit. Wenn Ende ist, spielt die Zeit keine Rolle mehr. Dann ist Unendlichkeit. Wenn die mal da ist bleibt sie für immer. Die Veränderung ist eine scheiß Sache. Und Zeit ist eine scheiß Sache. Weg mit der Zeit! Auf zur Unendlichkeit!

Montag, 29. September 2008

Es ist wie es bleibt.

Man ist immer schon vorher so schlau wie nachher. Man lernt sich ja kennen über die Jahre. Eine Frage ist immer schon da: warum. Aber weshalb? Wieso nicht wer oder wie? Wieso nicht wo? Muss man wissen warum? Man sollte wissen ob. Es reicht zu verstehen was passiert. Mit dem Warum hängt man immer im Gestern. Das ist grundsätzlich ungesund. Die Vergangenheit wundert uns. Sie bremst uns aus. Es ist komisch. Wir wissen, hinter uns liegt die Unendlichkeit. Man erkennt sie nicht. Man ahnt sie nur. Und nach vorne sieht es ähnlich aus. Wir wissen jedenfalls, dass es kein Ende gibt. Und keinen Anfang. Alles passierte und passiert und passiert wieder. An Entwicklung glauben wir trotzdem.


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Diese Details sind uninteressant für das Alles. Es ist und es ist nichts außer Allem. Alles ist Alles. Man könnte locker ein zweites S dazunehmen. Alles ernährt sich von Allem. Wäre lustig. Das Bild. Jedenfalls interessiert sich niemand für das Alles außer uns Menschen. Wir schauen uns das Alles von Gestern an und taktieren rum mit dem Zufall. Wegen dem Alles von Morgen. Die Sache fängt grundsätzlich an langweilig zu werden. Wen interessiert das Ofenrohr mit dem ständig wachsenden Hals? Wir klopfen uns an den systematischen Wänden die Hände krüpplig. Aber es ist egal. Denn wir haben unseren Platz im Alles. Für immer. Wer was anderes behauptet spricht in Rätseln.


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Mich interessiert das Gebirge. Vermutlich war es immer schon da. Unsere Himmel waren schon immer an den selben Stellen: der Ausschnitt den uns die Augen präsentieren. Unsere kleinen Helfer. Man wird sie updaten.


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Die ewige Frage nach dem Anfang hat einen sehr einfachen Grund. Er ist schon gewesen. Es macht Spaß darüber nachzudenken. Es ist einfach so möglich: Irgendwann muss das gewesen sein. Einmal. Bestimmt eine tolle Zeit. Über das Ende nachzudenken überanstrengt dagegen unsere neuen Instinkte. Man denkt positiv. Das Gute ist gut für immer! Das Ende: irgendwann. Es macht keinen Sinn, das Ende im Hier zu suchen. Es nützt niemandem. Es nützt sich nicht einmal selbst. Das Ende kommt uns utopisch vor. Das Ende ist ein ungern gesehener Gast. Es ist nur in der Vorstellung existent (Es berührt nur in der Vorstellung die Wahrheit.). Das Ende selbst ist Nichts. Das Ende ist weit weg in Gedanken.


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Das Gebirge kommt aus dem Boden. Es gehört zu unserem Platz in der Allwirklichkeit. Wir sind gemeinsam unterwegs. Wir sind gemeinsam unterwegs. Der Blick aus dem Ofenrohr blieb über alle Jahre gleich. Nach oben orientiert. Richtung Himmel eben. Man erkennt das Gebirge gut, man sieht es übergehen ins Blau. Nicht allmählich sondern trittartig. Vom einen Pixel aufs andere. Haben Pixel ein Geschlecht? Wer will das wissen wenn nicht wir.

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Ich hatte diesen Traum mit Disketten die man uns gibt. Die wir einlesen. Intelligenzdisketten. In den Schulen werden sie ausgehändigt. An alle Anwesenden. Das Gute Leben wird eine einfache Sache in diesen Zeiten. Alles andere wächst an Bäumen. Und strömt in Flüssen. Oder fließt im Strom. Natürlich haben wir Andockstellen. In unseren Hosentaschen. Der Mensch lässt sich gern an die Leine nehmen. Es ist ruhiger dann und bequemer. Niemand versklavt uns. Selbst ist der Mensch!


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Es gibt viele Blicke auf die Welt. Einer ist der beste: man streitet sie einfach ab. Man spart sich das Thema. Man schaut woanders hin. Das Leben ist kurz und groß ist die Welt. Man kann sich lange Gedanken machen. Man kann sich viel dabei denken. Und nie wäre man der erste. Die Sache mit der Welt geht ja auch nicht erst seit vorgestern. Im Gegenteil. Und im Gegensatz dazu: wir. Aber man bleibt am gleichen Punkt. Sogar am selben. Da kann man lange und viel drüber nachdenken. Aber weil Gedanken nichts bewegen ist das Zeitverschwendung. Man sollte lieber baden gehen. Oder sich sonst wo treiben lassen.

Dienstag, 10. Juni 2008

Kunst: wesentlich

Wir mögen und schätzen das Außergewöhnliche, denn logische Folgen, systematische Anordnungen bestimmen unseren Alltag. Und die Mathematik wirkt zurück auf ihre Erschaffer, auch weiter als eigentlich notwendig. Zählen und Rechnen gehört zum Menschen wie Atmen und Essen. Einem generellen Bedürfnis an Sicherheit geschuldet, zeichnen wir die Bahnen des Lebens wenn möglich genau vor, um planen zu können, um genau zu wissen was kommt, um auf Fragen Antworten geben zu können. Unser Leben dem Zufall zu überlassen ist somit eine gefährliche Sache. Der generelle Drang nach Anpassung nähert Gedanken und Verhalten an: ein Wunsch nach Normalität durchfließt uns, Unauffälligkeit ist Trumpf.

Rationalität ist gleich Vernunft. Wer würde nicht mehr haben wollen, wenn er könnte? Wer würde nicht die Möglichkeit nutzen voran zu kommen? Irrationalität scheint uns weniger unvernünftig als vielmehr dumm, oder schlimmer: unberechenbar. Was führt jemand im Schilde, der sich nicht sofort nach einem 50-Euro Schein bückt (ein wenig verhalten erst, aber dann zupackt und triumphierend davon stolziert?). Was soll man von Altruismus halten, welchen Vorteil genießt man durch Verzicht? Man weiß was gemeint ist: anders ist seltsam. Wer malt anstatt zu zeichnen fällt ein wenig auf, wer zappelt anstatt still zu sitzen ein wenig mehr. Allgemein: alternatives Verhalten ohne Begründung ist schwer zu verstehen. Aber Unverständliches kann eine attraktive Systematik haben.

Wir kennen ja Kunst: den Zauber von Abstraktion, die Faszination für Undurchschaubares: diese Alltagsmystik. Aber was begeistert dabei, was bezeichnet Kunst? Was genau suchen wir wenn wir abschweifen wollen, abschalten, runterkommen, ausbrechen? Das Bedürfnis dem Alltag zu entkommen ist verständlich. Nicht unbedingt auf extreme Art und Weise. Vielleicht nur kurz und ein wenig. Trotzdem bleibt das allgemeine Urbedürfnis nach Alltagsflucht. Wir nehmen das als gegeben.

Eine herkömmliche Sicht auf die Dinge ist normal, sie entspricht der Norm. Die Norm bestimmt den Alltag. Diesem Alltag entflieht man mittels Gedanken anderer: der Künstler. Diese zeichnen sich vor allem durch eines aus: der erfolgreichen Verdinglichung des Anderen. Die Kunst ist abnormal, eine andere Perspektive. Im geraden und konsequenten schlummern alternative Möglichkeiten, aber die Hetzjagd des Alltags lässt uns kein Auge dafür. An dieser Stelle ist eine Unterscheidung notwendig: zwischen Kunsthandwerk und Kunst.

Niemand will Qualität nicht anerkennen, weshalb auch. Übermäßige Begabungen verdienen Respekt, sie sind im Stande mehr zu schaffen, zu einem Übermaß an Leistung zu befähigen. An allen Ecken und Enden besteht Nachfrage für sie: hochbegabte Menschen, die genauer zeichnen, exakter und weitsichtiger planen können. Ihr Feld erstreckt sich von Skulpturen über Malereien bis hin zu monumentalen Bauwerken oder hervorragenden Kleidern. Von eigentlich überall bis an die Grenze zur Kunst. Ihre Klasse ergibt sich aus der Erschaffung von neuer Komplexität oder Exaktheit. Kunsthandwerk zieht ihre Besonderheit aus der Mischung von übermäßiger Fertigkeit und Norm: sie ist außergewöhnlich denn sie übertrifft gewohnte, durchschnittliche Fertigkeiten.

Kunst hingegen bedeutet, mittels des einen auf das andere anzuspielen. Mit Dingen auf Dinge hinzuweisen, Mauern, Grenzen und Zwischenräume frei zu legen. Die Jagd nach dem Anderen ist die Lust des Betrachters. Das Ziel, die Erahnung des Gemeinten. Ein fahler Beigeschmack lässt sich bemerken: der Genuss von Kunst ist etwas Exklusives.

Ein weiterer wichtiger Schritt ist getan: Kunstwerke wollen verstanden werden, sie unterliegen keinem wissenschaftlichen Objektivismus, nicht vorrangig die enthaltenen Möglichkeiten faszinieren. Die Sprache eines außergewöhnlichen Menschen zu lesen, quasi sein Geheimnis zu entschlüsseln, entfaltet Magie. Das Genie, selbst außerhalb der Zeit, zu entdecken und in die Gegenwart wirken zu lassen: Kunst lesen können.

Wie genau setzt man Gedanken um? Welches Wort macht die Kunst, welche Farbe, welcher Ton? Der Plan des Kunstwerks, befindet er sich fertig im Kopf des Künstlers, kann er vielleicht sogar fehlerhaft in die Welt übersetzt werden und so das Prädikat Kunst verlieren? Nein, denn nicht die Kunst an sich ist die Kunst, sondern der Künstler erschafft Kunst. Die Persönlichkeit des Künstlers ist entscheidend, er setzt eine Idee, ein Gefühl in Materie unter Einfluss des Zufalls um.

Die genaue Umsetzung einer Idee, ein völlig in Material übergegangener Gedanke liegt auf der Grenze zwischen Kunsthandwerk und Kunst. Die exakte Vorstellung einer Sache, die genaue Verdinglichung ihres Seins lässt keinen Platz für ein Gefühl. Das ist die dritte Annahme: Künstler sind Menschen die ihre Gefühle und Gedanken mit Materie unter Einfluss des Zufalls vermischen. Nicht nur die Vorstellung zeichnet sie aus, sondern ihre Art die Welt zu fühlen, in Bezug zu setzen und zu verwenden. Ideen können an Spielraum begrenzt werden. Die Reduzierung von Gedanken drängt sie ins Kunsthandwerk.

Das Fazit: Kunsthandwerker sind übermäßig begabte Menschen, ausgestattet mit praktischen Fähigkeiten (auch Gedanken-, Vorstellungskraft), in der Lage mehr oder besseres als andere zu leisten. Künstler hingegen sind Menschen mit einem irgendwie anders gearteten Blick auf die Welt, nicht umsonst häufig drogensüchtig oder mit abnormalen sexuellen Vorlieben ausgestattet Diese Andersartigkeit fasziniert die normale Bevölkerung, aber auch andere Künstler: man schätzt eine neue, bis dahin verborgene Sicht auf Dinge.

Dienstag, 20. Mai 2008

Der Tod als psychologisches Ereignis

Wenn wir durch die Welt spazieren, ereilt uns immer wieder der Gedanke, dass diese unsere Welt, egal wie sehr wir sie auch kennen mögen, irgendwann auch ohne uns funktioniert. Unser Beitrag, die Anwesenheit, eine materielle Marginalität. Unser Wirken: man sieht es nicht ohne uns, Aufgaben erscheinen durch die Personen die sie ausführen, jede Aktion zieht ihren Wert aus der Person die sie tätigt. Der Bedarf an Handlungen ist ein Bedarf an Handelnden.

Was ich sagen will: es gibt keine Notwendigkeit die ein Mensch zu leisten im Stande ist, die nicht unmittelbar aus einem Bedarf für sich selbst oder seine Artgenossen heraus entsteht. Der Natur einen Vorteil verschaffen ist eine Unmöglichkeit: kein Einzelteil ist in der Lage, unabhängig von sich selbst, die Gesamtheit zu erfassen, noch weniger ihr Ziel zu erkennen. Eine Entscheidung kann also unmöglich in Abstand von uns selbst getroffen werden.

Jeder Handlung geht ein mehr oder weniger konkreter Prozess voraus: ein Erkennen des Handlungsbedarfs, eine Eingrenzung der Handlungsmöglichkeiten, eine Festlegung des Handlungszeitpunkts, etc. Und immer die gleiche Stoßrichtung: die Welt wirkt auf uns und wir wirken zurück. Wir handeln, aber nicht unabhängig oder selbstständig, sondern die Welt geschieht und wir geschehen mit. Alles bewegt sich und wir als Teil von allem bewegen uns mit. Es ist möglich dass wir uns nicht bewegen, aber es ist nicht möglich, dass alles sich nicht bewegt. Das heißt: die Natur kann uns erstarren lassen, aber nicht umgekehrt.

Wir agieren also innerhalb eines geschlossenen Systems. Die Natur kann auch ohne uns. Noch mehr: nicht wir handeln eigentlich, die Natur handelt (in) uns. Diese Bestimmung ist punktgenau, wir als Rädchen unter Rädchen. Nicht die Farbe oder Größe ist entscheidend, sondern die Frage ob man existiert oder nicht. Und: wer existiert, dreht sich mit. Das komplexe Seiende ist für uns nur an Einzelteilen erkennbar. Die Natur ist gleich die Erfindung des Rädchens.

Die Natur als autarkes, selbstständiges System verfügt über seine Einzelteile, das setzt ein Begreifen voraus. Wir können die Natur nicht begreifen, aber sie begreift uns. Wir als Teile eingebettet im Ganzen, irren durch alles Seiende und sortieren es in Schubladen und Büchern und Bibliotheken. Vor die Existenz zu treten und sie zu vergleichen ist uns unmöglich, denn ohne die Existenz sind wir nicht denkbar.

Man sagt: die Zeit verstreicht, mit tödlicher Sicherheit, von oberster Hand getrieben. Dieser allgegenwärtige Schleier des Vergänglichen, diese Wolke aus Nichts verfolgt uns zeitlebens. Alles Zyklische will schließlich eine Richtung haben! Diese Faszination für erkennbare Dinge, ein ewiger Anreiz für Trugschlüsse, wir verfolgen diese Möglichkeit mit Hingabe.

Wie die Welt wohl in 1000 Jahren aussieht? Eine ewige Wiederkehr des Anderen: die Erfolgsgeschichte der Existenz. Auf hunderten von Wegen versuchen wir uns diesem unbekannten Ziel zu nähern. Wir wissen nicht wonach wir suchen, aber wir dokumentieren immerhin jede Bewegung. Der ewige Verlauf, das unendliche Werden, hat kein Ziel und keinen Anfang, wie gerne wir das auch hätten.

Das Gespenst der Zeit ist eine Farce und wie der Witz es will, bleibt die Idee davon in unserem Kopf und somit der Natur verborgen. Nicht die Zeit verstreicht, die Materie verändert sich. In unserem Kopf könnte man auch gut vierhundert Jahre leben. Nicht in unserem Körper. Wir bemerken die Veränderung, schreiben ihr eine Richtung zu und zeichnen sie aus. An einem gewissen Punkt erlischt der Gedanke, verliert das Gedachte den Boden und die Materie kehrt zurück zur Materie: der Tod ist ein psychologisches Ereignis.

Mittwoch, 12. Dezember 2007

Wir machen einen Film!

Angenommen wir hätten alles Unspektakuläre: Kohle, Besetzung, Team, Sendeplatz usw., und es ging nur um die Idee und wir hätten keine zu krassen Vorschriften (wir machen also nix zum nachdenken oder so) sondern wollen einfach nur viele viele Menschen in teils maßlos überteuerte Kinosäle locken (oder vor die Fernseher), sprich möglichst viel Geld verdienen. Dann würde man anfangen zu denken, besser: zu kalkulieren. Ich, Peter Peter, würde mir in etwa denken: „Worauf springt die Zielgruppe (Deutschland) wohl am schnellsten an?“ Da käme mir doch prompt die Antwort: „Titten, Gewalt und leidende Schwache (Kinder, Frauen, Emigranten, Kranke, Alte…)!“.

Ich müsste mir daraufhin auf die Schulter klopfen. Ich würde mich genial finden, ich würde mich vor den Spiegel stellen, mich mit einem zweiten Spiegel aus allen Perspektiven bewundern und immer denken: „Peter du bist großartig!“. Nach diesem Satz würde ich sicherheitshalber aufhören zu denken – aus Instinkt und Gewohnheit.

Naja, meine Genialität in alle Ehren, die Idee wäre doch noch nicht vollständig ausgearbeitet, den Inhalt hätten wir zwar geklärt aber noch fehlte die Systematik. Und die ist am besten doch wohl einfach und durchsichtig, man will ja keinem zumuten ins nachdenken zu kommen. Oder noch schlimmer: den Film nicht zu verstehen. Oder noch schlimmer: einzuschlafen und nicht zu wissen worum es ging und wie es ausging wenn man während dem Abspann aufwacht. Also sind zwei Dinge klar: man muss den Film in einem Satz erzählen können und der Titel muss die gesamte Handlung verraten. (Als zusätzlichen Punkt kommt dem ökonomischen Freund noch: der Film muss fortsetzbar sein, am besten ohne sich großartig zu verändern und noch davor: man sollte an den Titel dazu nur eine Ziffer hängen müssen. Über soviel Spitzfindigkeit ist der Leser womöglich überrascht und fast ein bisschen neidisch. Ich kann dazu nur folgendes äußern: „Ich habe, liebe Freunde, meine Blockbuster gesehen, meine Nachmittage mit Fernsehen verbracht, meine Erkenntnisse sind empirisch beweisbar (das genügt!) und was ich eigentlich sagen wollte: Das Kino- und Fernsehprogramm hat seine Spurrinnen auch bei mir hinterlassen!)

Vielleicht wundert sich der ein oder andere drüber, wieso noch nicht über die Handlung nachgedacht wurde. Aber die Handlung ist klar. Die Person X hat ein/e Problem/Verlangen/Vision, sie wird trotz vieler seltsamer (man könnte auch behaupten: komischer) Rückschläge und Missgeschicke ihr Ziel erreichen, natürlich nicht bevor sie mit einem Partner intim wurde, der offensichtlich attraktiver als sie selbst ist. Nicht fehlen dürfen in Haupt- oder Nebenrollen: der/die Bösen (charakterisiert durch unsympathisches, dummdreistes Auftreten), die Außenseiter (siehe Klammer oben im ersten Abschnitt) samt emotionaler Dämpfer (sonst wirken die „Witze“ nicht), die Lobby (offene und verborgene Werbung für Produkte, Personen, Institutionen, Länder oder Weltteile) und Situationen aus dem alltäglichen Leben, durch Überspitzung und dramatische Musik zu Besonderheiten geschminkt. Ich denke das wärs!

Aber jetzt das endgültige: der Titel (und somit der komplette Film). Ich grübele. Vielleicht: Die Rache des Guten (aber das wär zu unbestimmt, da könnte ja viel passieren). Mein größtes Unglück (Problem der Fortsetzbarkeit, Mein größtes Unglück II klingt nicht besonders.). 10 Dinge die ich gut finde (Zu persönlich). 10 Dinge die DU gut findest (zu individuell). 10 Dinge die ich an dir mag (nööö). Vielleicht keine Zahlen. Vielleicht einfach nur komplett erklären was passiert, vielleicht: „Wie ich einmal bestohlen wurde“ (eindeutig zu langweilig). Wie ich mal im Krieg war (schwieriges Thema). Wie ich einmal den Krieg gewann (keine Nazischeiße).Wie ich einen besten Freund gewinne in 10 Tagen (eindeutig zu dumm). Wie ich einmal Sex hatte (gibt’s bestimmt schon). Noch mal tief Luft holen. Wie ich alle Girls auf einmal vernaschte ohne dabei oder dafür einen Finger zu rühren. Wie ich easy die Welt rettete (beide nicht schlecht aber zu egomanisch, aber Geschichten über den Erzähler ziehen: Forrest Gump). Wie ich in 10 Tagen die Welt rettete (Fast!!). Wie ich das derbste in 24 Stunden machte (zu unbestimmt, zu wenig Zeit!). Wie ich mir in 10 Tagen den Pimmel auf den Kopf wünschte. Stille. Gänsehaut. Meine Vision:

Ich stelle mir den Helden vor, einen Durchschnittsmenschen, mit Haaransatz im mittleren Kopfbereich (damit genug Platz ist und nix da immer dazwischen rumhängt). Und dann die Szene des Films, „der Trailer“. Nachdem der Pimmel am Zielort angelangt ist obwohl man es kurz zuvor nicht für möglich halten konnte, der Held weiß noch nichts von seinem Glück. Und dann: er hat eine letzte Idee, aber es wird ihm kein Licht aufgehen, Nein: ihm wird sich ein Schwanz aufstellen! Wie schön bildlich – wie direkt! Und wie das in unsere Zeit passt: Titten auf Plakaten, Schwänze im Gesicht, wieso nicht!

(Moraldebatte? Welche Moral du Verlierer? Die der schwachen, der alten und kranken? Fortschrittliche Menschen brauchen fortschrittliche Moral! Die der Gerechten, der richtigen – eine Moral des Erfolgs! Gibt dein Leben dir Recht Hippie? Man stellt keine Fragen, man gibt Antworten, es wurde uns so angeeignet, es ist unsere Kulturation!)


Ach ja das Filmende (im Anschluss an die Trailer-Szene) will ich niemandem vorenthalten: :

Der Held verdreht die Augen und sprintet zum nächsten Spiegel, seine Mutter fällt in Ohnmacht, die Nachbarn jubeln, der Präsident schüttelt ihm die Hand (besser so), seine Frau wirft ihm sich um den Hals und er wird was sagen wie: „Hey Darling, hast du meinen Pimmel im Auge?“ Alle jubeln und langsamer Fade-out.

Was hab ich gehört Hollywoods Drehbuchautoren streiken? Na so was…

Montag, 26. November 2007

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Man gibt Kindern keine scharfen Messer in die Hand, oder Waffen, oder Wasserstoffbomben. Alkoholikern schenkt man keinen Kasten Bier, man lädt sie nicht zur Sauftour ein oder bringt ein Fläschchen Wein mit zum Abendessen, auch keinen besonders guten. Die wenigsten Hundebesitzer werfen ihrem Hund den Schlüssel zu, wenn sie selbst keine Lust haben das Auto zu steuern und sagen was wie: "Heute fährst mal du!" oder "Du musst fahren ich bin zu besoffen.".

(Vielleicht sollte man aber einfach mal damit anfangen: den Hund nach Hause fahren zu lassen. Oder wenigstens damit ihm den Schlüssel zuzuwerfen, oder auch nur mit dem saufen. Man müsste nicht mal gut zielen, man könnte den Schlüssel irgendwohin wegschleudern. Anstatt "Fass" könnte man auch gut "Fahr" hinterher schreien, für den Hund dürfte es keinen Unterschied machen. Zumindest bis er den Schlüssel zurückbringt. Dann klopfen wir einfach auf den Fahrersitz und sagen "Platz!". Der Hund blickt uns an, nickt und dann fährt er los. Ansonsten müsste man weitertrinken. In Schweden oder Russland hätte diese Geschichte Potential zum Saufspiel-Renner zu werden, vielleicht auch in Deutschland.)

Wieso erzähl ich das (<- meint alles außerhalb der Klammer)? Naja, es geht um drei unterschiedliche Arten Dinge falsch zu verwenden. Kinder sind unfähig aufgrund einem Mangel an, sagen wir Skills im Umgang mit Messern. Alkoholiker treffen das richtige Mass im Umgang mit Alkohol nicht, außerdem gebrauchen sie Alkohol anders als sie sollten (wir gehen kurz davon aus, dass Alkohol als Genussmittel und nicht Betäubungsmittel gedacht war/ist/sein soll): um sich die Lichter auszublasen anstatt um Essen, Momente oder Abende zu "verfeinern". Hunde sind schlicht (nach unserem derzeitigen Erkenntnisstand!!) nicht in der Lage ein Auto zu fahren. In den ersten beiden Fällen kann Zufall unterstützend eingreifen, Kinder können sich in Einzelfällen zufällig nicht mit Messern verletzen (bei Wasserstoffbomben ist das so ne Sache...). Einem Alkoholiker kann zufällig nicht nach Alkohol sein (eventuell nach dem bestimmten, vielleicht trinkt er bestimmte Sorten nicht: zum Beispiel unterprozentige), oder er lässt die Flasche zufällig fallen oder er schläft zufällig ein bevor er sie trinkt oder er beschließt zufällig nicht mehr Alkoholiker zu sein. Ein Hund kann eher auch nicht zufällig ein Auto starten, noch am ehesten Kurzschließen, aber lassen wir das. Wissenschaftliche Leser aufgepasst, uns bleiben also drei Arten der Fehlverwendung: den Mangel an Skills, den notorischen Zwang Dinge zu tun die einem und anderen zum Nachteil werden und die einfache Unfähigkeit.

Worauf ich aber eigentlich hinauswill: vielleicht konnte irgendjemand bemerken, dass eine bestimmte Kombination von Zahlen und Schriftzeichen in letzter Zeit mit ausufernder Penetranz durch übertriebenste Dauerbenutzung fehlverwendet wurde: 2.0.

Was wurde nicht alles als 2.0 verkauft: Fernseher, Firmen, Sportmannschaften, Bands, Autos, sogar Schäuble, sogar Tiere, sogar internationale Verträge, sogar Staaten (blablabla...). Kurz bevor mich die Sache anfing zu nerven, stellte ich mir die Frage wie lange dieses 2.0 wohl noch durch die Medien geistern würde. Dann begann mich das Ganze zu nerven und ich musste immer daraufzeigen und laut loslachen. Irgendwann gewohnte ich mir an, den Autor des Textes herauszufinden, seinen Namen in "Google Bilder" einzugeben, und das erscheindende Gesicht auszulachen. Dann ignorierte ich 2.0, in diesem Stadium habe ich bis vor wenigen Stunden ausgeharrt (Aber jetzt bin ich drüber hinweg).

Wieso aber die Geschichte mit der Fehlverwendung? Naja, welcher Typ von Fehlverwendung liegt bei der Vereinigung der Eloquentionisten für futuristischen Spezialgebrauch von technisch angehauchten Neologismen wohl vor? Weniger als drei? NIEMALS!

Nieder mit den eloquentionösen Futuristen! Nieder mit den fundamentalistischen Vokabulören! Wirds nich irgendwann Zeit für Abwechslung, wenigsten Variation des Themas: 2.1 oder zumindest 3.0? Oder erwartet uns erst das 2.0 des 2.0 und dann natürlich das 2.0 davon, undsoweiterundsofort. Oder ist 2.0 etwa längst ein Teil von uns, übergetreten in den normalen Sprachgebrauch (wär ja OK, aber wieso dann diese permanente Überpräsenz), oder ist die Mode längst vorbei und es wird nur noch satirisch verwendet, oder von den letzten Fanatikern oder ist die Retrophase bereits eingeläutet, wegen der verdammten Schnelllebigkeit unserer Zeit (drei L hintereinander!!)? Nein? Dann wirds langsam Zeit für folgendes: Ist 2.0 nicht langsam doch wieder 1.0?

Nein? Dann Finger weg von dem Messer und hör auf zu sabbern wenn ich Dosen aufschneide, da is kein Kirschwasser drin.



*gewidmet Jasper J. Jones

Donnerstag, 15. November 2007

Mcracy!

Schon mal den Radio angemacht und nach fünf Minuten die Wände hochgegangen? Schon mal drüber nachgedacht weshalb? Schon mal die Frage gestellt ob allen Quatschgurken auf Kurz-, Mittel- und Langwellen der Kopf geräumt werden musste, als Vorraussetzung für ihre zweifelshafte Tätigkeit: Menschen mit der eigenen Unfähigkeit zu unterhalten (Es gibt Ausnahmen! Aber wenige!)?

Schon mal in einer Stunde zweimal den gleichen Song gehört, ohne es zu wollen? Schon mal fünf Songs hintereinander für absolut deplatziert gehalten und deshalb für die nächsten fünf gar keine Worte mehr gefunden? Schon mal die Frage gestellt: spielen die eigentlich seit Jahren die selben Musik (Ja! Sie tun es!). Schon mal geschworen nie wieder Radio zu hören? Schon mal den Radio angezündet, zerhackt und an die Wand geworfen? Schon mal einen Bekannten ausgelacht, weil er beiläufig erwähnt hatte, er höre ganz gern Radio? Schon mal überlegt die Runfunk-Gebäude in die Luft zu jagen, oder andere dazu aufzufordern?

Wie dem auch sei (auch wenn nicht alles zutrifft, bist du gefährdet, noch mehr übrigens wenn du bei jedem Satz den Kopf schütteln musstest und dir die Frage gestellt hast was die populistische Scheiße soll...), eines ist mit Sicherheit die (Er)Lösung:

www.mcracy.com

Gott würde nicht Mcracy hören,
er hört Mcracy!